Die Kleinspitzwelpen wurden 60 Tage alt
Im praktischen Aufzuchtsalltag brauchen die Welpen neben innerer menschlicher Zuwendung und viel Zeit immer wieder neue und schrittweise größere Herausforderungen, an denen sie durch Selbstwirksamkeit wachsen können.
Die Herausforderungen und Aufgaben müssen dem Entwicklungsstand entsprechen. Sind sie nicht auf direktem Weg zu lösen, müssen sie alternativ durch Cleverness bewältigbar sein. Will ein Welpe z.B. ein Hindernis überwinden, was er aber körperlich und motorisch noch nicht schafft, so sollte er sein Ziel über einen Alternativweg erreichen können. Damit wird das negative Gefühl des Scheiterns vermieden.
Gleichzeitig kann sich das innerlich stark machende Gefühl von Selbstwirksamkeit entfallen – trotz anfänglicher Schwierigkeit. Außerdem wird das so vielfach notwendige Lernen von alternativen Bewältigungsstrategien herausgefordert.
Wir können es nur wiederholen: Die besten Voraussetzungen für die Entwicklung der Welpen bietet zunächst ein sinnreicher Abenteuerspielplatz. Dessen Herausforderungen müssen mit dem schnellen Entwicklungsverlauf der Welpen mitwachsen. Er muss immer wieder abwechslungsreiche und lustvolle Lernmöglichkeiten bieten.
Von großer Bedeutung ist dabei der eigenaktive Aufbau der Körperbeherrschung. Denn diese vermittelt das nötige positive Grundgefühl für den psychischen Selbstaufbau. Zugleich ist das Entwickeln der (Psycho) Motorik der Grundstein für die allgemeine Entwicklung des Gehirns.
Zentral ist bei alledem ein zunehmendes Beanspruchen des Gleichgewichtssinns. Als Königssinn weckt er gewissermaßen alle anderen Sinne, wie Tast-, Hör-, Seh-, und Geruchssinn, und vernetzt diese.
Unser Garten sieht deshalb aus wie eine Mischung zwischen Disneyland, Wildpark und Recyclingplatz. Die Welpen spielen im Gras, in Sträuchern und Hecken, auf Betonsteinen, im Dreck und Wasser, kriechen in Öffnungen wie Eimer, Tunnels oder Kartonagen und auf erhöhte Liegestellen, machen Tauziehen, verursachen mit Spielzeugen verschiedene Geräusche, lernen die unterschiedlichsten Jagdobjekte kennen.
Viele Hunde reagieren mit Vorsicht oder sogar Meideverhalten auf Querstrukturen wie Gitterröste o.ä. Haben Hunde im Welpenalter die Gelegenheit gehabt, solche Querstrukturen als etwas Selbstverständliches einzuordnen, haben sie damit keine Probleme.
Hunde müssen in der Lage sein, Treppen hinauf- und hinabzugehen. Lernen können sie das nicht, wenn sie im Welpenalter immer getragen werden. Die psychomotorische Fähigkeit des Treppengehens kommt nur durch eigenaktive Bewegung, also nur durch eigenes Tun zustande. Es ist wichtig, dass die Welpen die Herausforderung des Treppengehens aus eigenem Antrieb annehmen und nicht dazu animiert werden. Denn von Natur aus nehmen Welpen meistens nur solche Herausforderungen an, die sie zu bewältigen in der Lage sind.
Der Befürchtung, dass es zu Gelenk- und Skeletterkrankungen beim Treppengehen oder Spielen kommen würde, steht die klare biologische Tatsache gegenüber, dass nur ein geforderter Organismus wirkungsvolle Muskulatur, Bänder und Sehnen entwickeln kann, die den gesamten Aufbau des Organismus und seines Skeletts entscheidend unterstützen. Wohnen wir im 5. Stock ohne Aufzug müssen wir natürlich tragend helfen.
Hat er es als Welpe nicht kennenlernen dürfen, so wird er damit große Probleme haben, nicht wegen fehlender Körperleistungsfähigkeit sondern wegen der aufkeimenden Angst, deren Überwindung nicht gelernt wurde. Sie gründet sich nicht nur auf die Banalität vorenthaltener Erfahrungen. Entscheidender ist, dass es im Gehirn nicht zu den notwendigen sensomotorischen und gefühlsmäßigen Verknüpfungen kommen konnte, die künftig als Teile einer Strategie zur psychomotorischen Lebensbewältigung gebraucht werden.
Bei Gewittern wie gestern oder anderen unangenehmen Dingen kümmert man sich am besten nicht darum, so dass sich die eigene Gelassenheit und die der anderen Rudelmitglieder auf den Vierbeiner übertragen. So haben wir es bei den gestrigen Gewittern getan und die Welpen hatten keine Probleme damit.
Zum Beispiel kann man alle Welpen eines Wurfes in einen Gitterlaufstall tun und neben die Straße stellen, so lange, bis Kontaktliegen stattfindet und sie eingeschlafen sind. Dann sind sie geprägt auf den Straßenverkehr. Wir haben deshalb mit Foxi, Fina Fee und Fieby unseren Lieblingsplatz an der Autobahn aufgesucht und gleich noch die dortigen Windräder mit eingebaut.
Aufgrund der bahnbrechenden, 20 Jahre dauernden Untersuchung von John Paul Scott und John L. Fuller wissen wir, dass Welpen im Alter zw. der 5. und 13. LW darauf programmiert sind, zu lernen, wie ihre Sozialpartner auszusehen und sich zu verhalten haben.
Natürlich sozialisieren sich die Welpen auch gegenseitig. Dabei behalten wir jedoch in den Aktivitätsphasen ihre guten Umgangsformen im Auge und spätestens ab der 7.LW sind sie ständig unter unserer Aufsicht oder der ihrer Mutter. Je größer der Wurf und je aktiver die Rasse, desto eher besteht nämlich die Gefahr, dass das Spiel immer wilder und rauer wird und aus dem Ruder läuft, dass sich die Welpen gegenseitig als Spielzeug missbrauchen und ineinander verbeißen.
Dem Fürsorgegaranten muss es möglich sein, seinen Hund ohne jeden Zwang spielerisch und ohne Zeichen von Gegenwehr oder Angst in eine völlig entspannte Rückenlage zu drehen. Verweilt ein Hund in dieser Position einige Augenblicke, kommt damit zum Ausdruck, dass er gegenüber seinem Fürsorgegaranten so viel Vertrauen hat, eine Körperhaltung einzunehmen, die von Natur aus Angst auslöst und ihn weitgehend wehrlos macht.
Sie drückt Vertrauen, Friedfertigkeit, Demut und Unterwerfung aus und sollte vom Welpenalter an eingespielt werden, zunächst in gewohnter Umgebung, später auch in fremder. Das regelmäßige Durchführen des Vertrauensbeweises gibt ergänzenden Aufschluss darüber, auf welchem Weg sich der Bindungsaufbau befindet.
Unsere Zuchtwartin Angelika nahm gestern den Wurf ab und zeigte sich sehr angetan von den Welpen und den ihnen zuteil gewordenen Aufzuchtbedingungen.
In unserer wesensorientierten Aufzucht geht es keinesfalls um pure Weichheit, also falsches, liebevolles Überbehüten und psychisches tot streicheln oder um Überforderung. Je höher die späteren Ansprüche an die Belastbarkeit und Wesensfestigkeit eines Hundes jedoch sind, umso wichtiger ist es, seine frühen emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen – durch die Mutterhündin, uns Züchter und den künftigen Hundebesitzer. 16 Wochen haben wir Zeit, dann sind die entscheidenden Prägephasen vorbei. Die Hälfte der Zeit ist bereits verstrichen.
Denn das aus der Bindungsqualität hervorgehende Vertrauen ist von Anfang an der Stoff, mit dem die Schlüsselfunktionen aktiviert, Gene geschaltet und lebenslange Grundeinstellungen vollzogen werden. Wir hoffen, wieder einmal (fast) alles richtig gemacht zu haben und geben Foxi, Fina Fee und Fieby in den nächsten Tagen traurig, doch mit einem guten Gefühl an ihre neuen Besitzer ab, denen wir einen Rat von Günter Bloch mit auf den Weg geben wollen: „Auch instinktsichere Canideneltern machen nicht alles richtig!“