Unsere Welpen wurden 6 Wochen alt
42 Tage sind unsere 8 Welpen vom P-Wurf nunmehr bereits alt und sie durften auch in dieser letzten Woche wieder einiges erleben und kennenlernen, auch wenn Hilmar krankheitsbedingt nicht seine volle Leistung bringen konnte, so dass Carmen noch mehr gefordert war.
Sie wiegen nunmehr folgendermaßen: Hündinnen: Gelb – 4270 Gramm, Hellgrün – 4560 Gramm und Rosa – 3670 Gramm;
Rüden: Rot – 4000 Gramm, Hellblau – 4760 Gramm, Orange – 5670 Gramm, Dunkelblau – 4640 Gramm und Dunkelgrün – 4820 Gramm.
Bereits ab der 5. LW fangen die Welpen an, Angst vor Unbekanntem zu haben, so dass wir ihren Aufenthaltsbereich ständig verändern und vergrößern und neu/anders gestalten. Oder wir suchen mit ihnen neue Örtlichkeiten auf, wie z.B. unseren überdachten Spielzwinger, der mit unzähligen interessanten Dingen/Hindernissen/Aufgaben/Untergründen aufwartet.
Wir wissen, dass Angst-/Vorsichts- und Fluchtverhalten für einen Hund/Wolf lebenswichtig sind. Damit sich Verhalten und Wesen eines Hundes richtig entwickeln können, muss er deshalb von Anfang an diese angeborene Angst vor dem Unbekannten immer wieder überwinden lernen. Die immer wieder neue Bewältigung der angeborenen Angst vor dem Unbekannten bedeutet für die Verhaltensentwicklung des Welpen, Situationen immer besser einschätzen zu können und zunehmend Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu gewinnen. Diese gesammelten Erfahrungen führen dann nach und nach zu einer Reduzierung der Angst vor dem Unbekannten.
Was ein Hund nicht kennt, hat das Potential, auf ihn bedrohlich und Angst einflößend zu wirken. Die Natur hat unseren Hunden die Vorsicht eingebaut. Der Neugiermechanismus treibt die Welpen aber dazu, nicht einfach vor etwas Neuem davon zu rennen, sondern das Neue zunächst einmal auf dessen mögliche Gefährlichkeit hin zu überprüfen. Wenn man ihm die Chance gibt.
Eine solche notwendige emotionale Abhärtung ist also in reizarmen Aufzuchtstätten nicht möglich. Keine Frustrations- und Erleichterungsgefühle zu erleben bedeutet, keine Problemlösestrategien entwickeln zu können. Die Angst vor Veränderungen und neuen Situationen ist die Folge. Wir bauen z.B. die Nestschaukel ein, die uns Michael von Sabine mitgebracht hat und die gleich sehr gut angenommen wird.
Die Natur hat es offenbar so eingerichtet, dass ein Wechselspiel aus Neugier, Annäherung und Vermeidung sowie aus Herausforderung, Frustration und Erleichterung das Lernen und die Verhaltensentwicklung bestimmt. Das Aufwachen in einer immer gleichen Umgebung ist unnatürlich, denn diese bietet zu wenige Möglichkeiten zur Exploration und Sozialisation.
Je mehr Situationen der Welpe also kennen lernt, aber auch, je öfter er seine Angst zu überwinden lernt und das Hochgefühl verspürt, das ihn nach einer solchen bestandenen Mutprobe befällt, desto mehr wird sein Selbstbewusstsein gestärkt. Der Welpe wird selbstsicher, weil er lernt, mit Dingen richtig umzugehen. Ein in sich gefestigter Hund wird in seinem Leben auch Belastungen, die man nicht steuern kann, wie z.B. eine längere Abwesenheit seines Herrchens im Krankenhaus, seelisch besser wegstecken, als ein Hund, dessen Lebensgrundgefühl von zumindest latenter Angst geprägt ist.
Um den natürlichen Hang zur Sauberkeit zu prägen, müssen natürliche Bodenstrukturen wie Gras, Erde u.a. zur Verfügung stehen. Ein Hartbelag führt später meist zu Problemen. Welpen, die so aufwachsen und darüber hinaus täglich gezielt einer etwa einstündigen Stimulation und Stress ausgesetzt waren, unterscheiden sich in vielen Punkten von anderen Vergleichswelpen. Ihr Gehirn war früher ausgereift. Sie waren dominant über die „normalen“ Welpen und verkrafteten befremdende, neue Situationen ohne Schwierigkeiten.
Die Spiele der Welpen untereinander ahmen in ungeregelter Form das Verhalten der Alttiere nach, wobei Anteile angeborener Verhaltensweisen mit Erfahrungswerten verbunden werden. Auffallend ist ein sehr häufiger Stimmungswechsel, und leichte Ablenkbarkeit unterbricht oft angefangene Spielformen. Jeder Welpe spielt in diesem frühen Alter zwischendurch auch einmal gern allein für sich. Er erprobt seine Kräfte, seine Geschicklichkeit, seine Behendigkeit. Das Erleben der eigenen Motorik, des Erfolges, befriedigt sein angeborenes Bewegungsbedürfnis, die Freude am Können treibt ihn zu immer wieder neuen Versuchen. Und nichts ist besser als das „Kämpfen“ miteinander.
Es ist einfach hinreißend zu beobachten, wie die tapsigen kleinen Hunde miteinander interagieren, lustige Hopser vollführen, sich gegenseitig das Spielzeug klauen, eine wilde Jagd initiieren, sich anwuffen, knurren, dann wieder balgen und urplötzlich völlig erschöpft umkippen.
Spielen ist für die Welpen nicht nur ein netter Zeitvertreib, sondern sie probieren ihren Körper aus, üben Bewegungen und verfeinern sie, lernen ihre Umwelt kennen, verfeinern ihre kommunikativen Signale und erlernen Verhaltens- und Spielregeln, um sich auf den konfliktfreien Umgang mit Artgenossen vorzubereiten. Auch üben sie spielerisch schon jetzt Elemente des späteren Balzverhaltens ein und erlernen die Beißhemmung.
Gegenstände, um die es sich lohnt zu kämpfen und zu jagen und die mit den Zähnen bearbeitet und weggetragen werden können, müssen unbedingt vorhanden sein. Und da Altbekanntes schnell ergründet und auch langweilig wird, muss dafür gesorgt werden, dass immer wieder neue Reize und neue Anblicke geboten werden.
Sie wollen sich auch mal mit einem Kauartikel allein beschäftigen. Haben sie keine Ausweichmöglichkeit, nehmen die Konflikte unter ihnen zu. D.h. sie lernen, ihre Geschwister in bestimmten Situationen durch immer aggressivere Signale zu vertreiben, ein Teufelskreis, der den Stresslevel weiter ansteigen lässt und so die Auseinandersetzungen verschärft. Die Welpen kommen jedoch viel besser durchs Leben und geraten viel seltener in Schwierigkeiten, wenn sie sehr kompetent im Entschärfen von Konflikten sind. Und das werden sie, indem sie lernen, auf feine kommunikative Signale zu achten und leise statt durch Anschreien zu kommunizieren.
Haben Welpen in diesem Alter eine größere Fressbeute, die man nicht wegtragen kann, so sitzen sie im Allgemeinen friedlich daran und jeder kaut an einer anderen Ecke. Dies läuft einige Zeit recht harmonisch ab. Irgendwann beginnt ein Welpe zu knurren, weil ihm eines der Geschwister zu nahe gekommen ist. Der Knurrende frisst weiter und der Andere entfernt sich so weit, wie die geforderte Fressdistanz beträgt. Oder man schläft zusammen friedlich an der Beute ein.
Handelt es sich um eine tragbare Beute wie unsere Putenhälse schnappen sie sich die Beute und bringen sie in ein sicheres Versteck. Werden sie dabei entdeckt, wird wieder versucht, dem Beute Tragenden sein Futter abzujagen. Dieser Vorgang dauert so lange, bis der oder die Verfolger abgeschüttelt sind oder der Gejagte seine Beute verloren hat.
Ist die Beute zwar tragbar, aber so groß, dass sie aus dem Fang hängt, werden die Anderen versuchen, einen Teil davon zu erwischen. Dann wird gezerrt und gezogen und dabei auch noch geknurrt. Oft zerreißt das Beutestück, so dass jeder ein Stück davon erhält. Man zieht sich in eine stille Ecke zurück und frisst. Sobald ein Welpe intensiv an einem kleineren Futterteil frisst, wird er kräftig knurren und sein Futter verteidigen, wenn ein anderer sich nähert und dies wird respektiert. Man zeigt erneut Achtung. Jedoch darf man in angemessener Entfernung lauern, um es in einem günstigen Moment stibitzen zu können.
In einer harmonischen Hundegemeinschaft darf also, unabhängig vom sozialen Status des Einzelnen, die Beute verteidigt werden und dies wird anerkannt und respektiert. In sog. Sammelgruppen ist dies nicht der Fall. Es ist deshalb ein sehr unhundliches Verhalten, wenn unser Hund seine Beute an uns jederzeit abgeben muss.
Welpen haben übrigens bis Ende des 3. Lebensmonats das unbestrittene Futtervorrecht, das ihnen von den Althunden zugestanden wird. Wir sollten das auch berücksichtigen und einem Welpen bis zu diesem Alter ebenfalls sein Vorrecht lassen. Carmen legt beim Futterstreuen die Suche nach Futter auf dem Boden und das Fährtensuchen an.
Den Blick versuchen wir jedoch auch nach oben zu lenken, denn es liegt ja eher in seiner Natur, Nase und Blick auf den Boden zu richten. Ist die Wahrnehmung jedoch nach oben mal erwacht, wird sie durch weitere gezielte Anreize verstärkt. Damit wird das Sichtfeld des Welpen nachhaltig erweitert. Die Fütterung der Welpen legen wir ab einem bestimmten Alter deshalb so, dass sich ihre Aufmerksamkeit immer wieder auch mal nach oben orientieren muss. Hier macht Carmen einen Apfel für sie interessant, den sie eigentlich selbst essen wollte.
Was für Menschenkinder gilt, gilt auch für Hundekinder: Man muss ihnen die Möglichkeit bieten, Erfahrungen zu sammeln, ihnen den nötigen Freiraum geben. Sie dürfen nicht überbehütet werden, damit sie ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln können, das so wichtig für ihre Entwicklung ist. Durch die kleinen Übungen an den unterschiedlichsten Geräten lernen unsere Welpen, Herausforderungen zu bewältigen, sie werden sicherer und trauen sich dann selbstbewusst an neue Herausforderungen heran.
Die Spielfreude des jungen Hundes treibt ihn dazu, sich im Spiel mit seiner Umwelt auseinander zu setzen, seine eigenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten zu trainieren und zu lernen, wie man am besten durchs Leben kommt. Er erlebt seine Umwelt noch voller Vertrauen. Darum ist es wichtig, ihn so früh wie möglich an all die schrecklichen Dinge zu gewöhnen, auf die er eines Tages in der großen weiten Welt sowieso stoßen wird. Ohne ihn zu erschrecken gewöhnt man ihn an alle möglichen Geräusche, vom fallenden Kochtopfdeckel bis zum Staubsauger, von der Autohupe bis zur Sirene, ebenso an optische Einflüsse und vielfältige Hindernisse, am besten, wenn er gerade frisst oder mit den Geschwistern spielt oder beim Beutespiel von Carmen mit dem Handtuch. Und das macht ganz schön müde.
Deklarieren wir deshalb einen ängstlichen Hund zum Helden, wenn er z. B. ein Hindernis überwindet, bewundern wir ihn spürbar, weil er mit allen vier Pfoten im Bach steht, zollen wir ihm uneingeschränkten Respekt, wenn er forsch auf einen bedrohlichen Gegenstand zugeht. Verleihen sie ihm immer glaubhaft die Tapferkeitsmedaille, wenn er etwas scheinbar Mutiges tut.
Im Rollenspiel wird auch immer wieder verlieren können gelernt. Denn Verlieren können erfordert nicht nur im Falle des Hundes eine gewisse Stärke. Es verhindert das Wachsen unnötiger Ängste und damit das Entwickeln unangemessener Aggressionsbereitschaft. Wurden die Welpen im Verlauf ihrer Entwicklung immer aktiver und aufmüpfiger mussten sie die Erfahrung machen, dass die Mutter sie blitzschnell am Nackenfell gepackt und auf den Rücken gedreht hatte. Sie lernen dabei auch, dass sie eine zugespitzte Situation durch die Rückenlage beenden können.
Der tiergerechte Umgang mit unserem Hund fordert deshalb nicht nur Respekt vor seiner Andersartigkeit und Einzigartigkeit, sondern vor allem eine Fürsorge, nach der er so weit wie möglich wirklich Hund sein darf, der durch eigenes Tun etwas bewirken muss. Schon der Saugwelpe muss aus eigenem Antrieb die mütterliche Zitze finden. An der Entwicklung eines sicheren Wesens ist in elementarer Weise das gefühlsmäßige Erleben beteiligt, durch eigenes Tun etwas zu bewirken und zu bewältigen. In dieser Selbstwirksamkeit liegt ein hoher Belohnungseffekt, der außerordentlich stark auf die Bildung von Selbstvertrauen und Wesenssicherheit wirkt. Damit dieser Prozess in der Praxis effizient zustande kommen kann, braucht es bereits im Welpenalter solche Lerngelegenheiten wie das bereits mehrfach erwähnte Balanceboard, das bei angemessenem Risiko gute Aussichten auf Erfolg hat und gerne als Herausforderung angenommen wird.
Gemeinsames Spielen, Erkunden und Erleben sind Wegbereiter für den Aufbau einer sicheren Bindung zwischen Hund und Mensch. Dabei lässt vor allem gemeinsame Aufmerksamkeit soziale Resonanz, also gefühlsmäßig verbindenden Gleichklang entstehen. Wir lassen die Welpen im Bollerwagen fahren und verknüpfen dieses erste Fahren mit köstlichen Markknochen. Auch bahnen wir das Autofahren und das Fahren im Fahrradanhänger o.ä. damit an.
Leider haben sich aber auch Vorstellungen und Methoden im Umgang mit den Welpen entwickelt, die am eigentlichen Sinn einer wohlüberlegten und zielgerichteten Verhaltensentwicklung vorbeigehen. Oft artet dies in Welpendressur oder gar in einen Frühförderungswahn aus, dass uns auch schon vorgeworfen wurde. Dabei bleibt leider das auf der Strecke, worauf es wirklich ankommt: Die Entwicklung eines sicheren Wesens. Wir wissen aus langer Erfahrung, wann „was“ auf dem bisher Erlebten positiv aufbaut und dass wir nie aus falschem Ehrgeiz heraus den zweiten Schritt vor dem ersten machen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Hunde von Welpenbeinen an richtig auf den Weg bringen. Dazu gehört z.B. wie bereits erwähnt, auch die Einsicht, nicht den zweiten Schritt vor dem ersten zu verlangen oder gar falsch verstandene Frühförderung erzwingen zu wollen. Ohne äußeren Zwang muss es dem Welpen möglich sein, Herausforderungen eigenaktiv anzunehmen oder diesen noch mit Zurückhaltung zu begegnen. Überbehütung ist übrigens genauso schädlich wie Überforderung.
Überbehütung ist meistens daran erkennbar, dass der Fürsorgegarant dem heranwachsenden Hund häufig Aufgaben und Herausforderungen abnimmt, die er selber tun könnte, oder sich in Bewältigungsvorgänge unnötig einmischt. Für die psychische Entwicklung eines jungen Organismus ist es von grundlegender Bedeutung, neue Situationen und Herausforderungen aus eigenem Antrieb zu bewältigen, um daran lernen und wachsen zu können. Nur so kann ein Lebewesen Selbstsicherheit und schließlich Selbständigkeit entwickeln. Wir sagen unseren Welpeninteressenten immer, dass sie dem Welpen nicht oder nur so helfen sollen, dass er es gar nicht bemerkt und der Meinung ist, dass er es alleine geschafft hat.
Wir müssen ihnen deshalb das Leben zutrauen, ihnen entsprechende Lernsituationen ermöglichen und dabei kalkulierbare Risiken eingehen. Falsch verstandene Fürsorge im Sinne einer unangemessenen Besorgtheit kann dagegen zu einer erlernten Hilflosigkeit führen. Kann ein heranwachsendes Lebewesen nicht selbständig herausfinden und lernen, wovor es Angst haben muss und wovor nicht, gerät es in ein Abhängigkeitsverhältnis, das beide Seiten gleichermaßen belastet und den Hund lebensuntüchtig macht. Oftmals ist eine frühe Überbehütung im Welpenalter die unverstandene Ursache späterer Überforderung.
Die Gefahr der Unterforderung ist umso größer, je höher die Leistungsfähigkeit des Hundes ist und je weniger sie in Anspruch genommen wird. Wir sollten daher als Hundehalter nur solche Hunde wählen, die wir entsprechend ihren Bedürfnissen in unserer Lebenssituation beschäftigen können. Wird ein Hund nämlich unterfordert, ist es ihm sozusagen langweilig, so führt dies auf Dauer zu Frustration und wirkt damit auf den gesamten Organismus als Stress, was zu Verhaltensstörungen führen kann. Ein unterforderter Hund kann bereits auf geringste Reize in überschäumender Weise reagieren, anhaltend kläffen, überdrehte Bewegungsabläufe zeigen, seine Umgebung in völlig unangebrachter Form verbellen oder den Zwinger zerlegen
Eine Überforderung entsteht dann, wenn ein Hund körperlichen oder psychischen Belastungen gegenüber steht, die er aufgrund seines augenblicklichen Leistungsvermögens nicht bewältigen kann. Sie ist von Stressreaktionen, Konfliktreaktionen und Erregungszuständen begleitet.
Nicht selten ergeben sich Überforderungen bereits aus einer falsch verstandenen, vor allem leistungsorientierten Frühförderung im Welpen- und Junghundealter. Gegen das Wohl des Hundes stehen hier oft der persönliche Ehrgeiz und der angestrebte Erfolg mit dem Hund im Vordergrund.
Hunde brauchen einfach regelmäßige Herausforderungen, die ihren Organismus und ihr Gehirn entsprechend ihrem Leistungsvermögen angemessen beanspruchen und keine schädlichen Überforderungen.
Folgende Beobachtung hat uns dies sehr anschaulich gezeigt: Wir haben mit unserem Wurf über eine Holzdiele die Schüpfbach überquert, da waren sie so 6-7 LW alt. Sie drängelten und schubsten sich, so dass einige in den kleinen Bachlauf fielen und jämmerlich schrien. Wir dachten, dass wir sie vor dem Ertrinken retten müssen, stellten jedoch fest, dass die Mutterhündin Inci am anderen Ufer nur wartete und nichts unternahm. Also warteten auch wir schweren Herzens und was geschah: Die Welpen hörten schon bald auf zu schreien, suchten sich einen Weg aus dem Wasser und folgten ihrer Mutter am anderen Ufer. Sie hatten dadurch sehr viel gelernt und wir auch. Wir müssen den Welpen so wie auch unseren Kindern das Leben zutrauen.
Unsere Hundemutter Jaaki erlaubt ihren Kindern das Nuckeln an ihren Zitzen nur noch selten. Dadurch lernen sie mit Frustration umzugehen. Auch wir sollten deshalb dem Welpen Grenzen setzen, damit er weiterhin lernt, mit Frustration umzugehen. Denn ist ein Hund dazu nicht fähig, kann es später zu ernsthaften Problemen kommen, die sich bis hin zur Aggression steigern können. Zum Grenzen setzen braucht man nicht streng zu sein, man braucht nicht schreien und/oder strafen, man muss nur konsequent sein. Eine einmal aufgestellte Regel wird auch eingehalten. Carmen beginnt jetzt auf das Verhalten „sitz machen und schauen“ hinzuarbeiten, bevor sie nach dem Heranpfeifen die Futterschüssel abstellt.
So ab der 6. Lebenswoche geht sie über zum „Benimm-Unterricht“. Sie sagt jetzt schon mal nein, wenn sich die Welpen ihr nähern und an ihren Knochen o.ä. wollen. Ein direktes Anschauen bedeutet, dass man nun Mama am besten nicht näher kommt. Dies wissen die Kleinen zunächst noch nicht. Unbekümmert nähern sie sich ihr weiter. Jetzt runzelt sie den Nasenrücken, knurrt und zeigt ihre schönen Zähne. Wenn die Welpen jetzt nicht auf Abstand gehen, macht sie schon einmal eine Schnappintention. Spätestens jetzt sind die Welpen endlich eingeschüchtert und ziehen ohne Futter von dannen. Dieses Vorgehen, das uns Menschen oft hart und ungerecht vorkommt, ist eine sehr wichtige Lektion für einen jungen Hund. Nach einigen Wiederholungen hat er gelernt, dass schon das drohende Anschauen bedeutet: Abstand halten oder Individualdistanz einhalten. Jeder Hund muss Grenzen kennenlernen und dies geschieht am besten durch die Mutter und/oder gut sozialisierte Althunde.
In derselben Lektion lernt der Welpe auch bereits Beschwichtigungsgesten sinnvoll einzusetzen. Er entdeckt nämlich, dass Verhaltensweisen wie sich klein machen, die Ohren anlegen, eine Pfote hochheben, wegschauen oder auf den Rücken rollen den Zorn der Mutter oder anderer älterer Rudelmitglieder besänftigen.
Die so gelernten Signale üben die Hunde untereinander im Spiel. Sie lernen, wie die Geschwister reagieren, wenn sie mal laut knurren oder auf den Rücken werfen und sich nicht mehr bewegen. Hier werden in den Wochen beim Züchter nur die Grundlagen gelegt. Der neue Besitzer muss dafür sorgen, dass sein Welpe viele andere Hunde trifft, um seine Sprache weiter trainieren zu können.
Dass Menschenbabys erst einmal sprechen lernen müssen, weiß jeder. Den meisten Menschen ist auch klar, dass sie nicht von Anfang an jedes Wort verstehen. Dass dies aber bei Hunden in Bezug auf ihre eigene Muttersprache genau so ist, ist den meisten Menschen eigentlich nicht klar. Aber auch Hundewelpen verstehen nicht von Anfang an alle Signale der anderen Hunde. Zwar sind verschiedene Gesten, wie z.B. das Runzeln des Nasenrückens, angeboren, was das aber bedeutet und wie man es sinnvoll in der Kommunikation einsetzt, müssen die Welpen erst lernen. Und diesbezüglich hat die Natur ein sinnvolles Lernprogramm eingerichtet, welches wir bedienen müssen.
Hinzu kommt, dass Hunde im Gegensatz zu fast allen anderen Tierarten das Problem haben, dass es in ihrer Muttersprache unzählige viele Dialekte gibt. Ein Schäferhund spricht ganz anders wie ein Mops. Ein Rhodesien Ridgeback hat ständig gesträubte Nackenhaare und dies ist kein Ausdruck einer Emotion. Ein junger Hund entwickelt somit nur dann einen sicheren Umgang mit anderen Hunden, wenn er es mit ihnen trainieren konnte. Ansonsten entwickeln sich vor allem Aggressionsprobleme an der Leine.
Jeder Welpe muss die Erfahrung machen, dass nicht jeder ältere Hund eine getreue Kopie eines anderen gleichaltrigen Hundes ist, sondern dass jeder Artgenosse nun einmal in seinem Wesen anders ist. So verlangt der eine die Unterwerfung bereits auf den ersten Blick hin und ein anderer begnügt sich, wenn man ihm gegenüber nur eine Andeutung dessen macht, was man zum Ausdruck bringen will. Die Welpen erfahren, dass der Althund nichts Böses will, wenn sein mächtiger Fang das kleine Köpfchen umfasst. Es ist dies ein Zeichen von Wohlgesonnenheit, die der Ranghohe auf diese Weise kundtut. Deswegen ist es schlecht, wenn der Welpe nur seine Mutter in den ersten 8 LW kennenlernen konnte. Er wird viele Konflikte mit fremden Hunden haben, Welpen gegenüber ausgesprochen unfreundlich sein und diese so frustrieren, dass sie auch wieder Angst vor erwachsenen Hunden bekommen.
Wie frech ein kleiner Welpe auch sein mag oder wie sehr er auch auf einer Balgerei besteht, ein erwachsener Hund verliert ihm gegenüber nur selten die Geduld und wird böse. Eher hört man ein warnendes Knurren, und nützt das nichts, blitzen die Zähne. Reicht diese Drohgebärde nicht aus, stürzt sich der erwachsene Hund blitzschnell und laut knurrend über den Welpen und greift mit dem Fang über dessen Maul. Der Welpe hört daraufhin mit dem Spiel sofort auf und rollt sich als Zeichen der Unterwerfung auf den Rücken. Der erwachsene Hund steht auf und sucht sich einen ungestörten Platz. Wie ärgerlich ein erwachsener Hund auch immer sein mag, er wird einen Welpen nicht beißen oder physisch verletzen.
Dasselbe gilt, wenn die Welpen bei erwachsenen Tieren um Futtergabe betteln. Auch hier unterliegen sie einem Konflikt. Sobald sie der Schnauze des Tieres, welches das Futter hält, zu nahe kommen, wedeln sie mit dem Schwanz, um sich gegenseitig auf Distanz zu halten und machen sich sehr klein.
Es den Alten gleichzutun ist ein Bestreben, das man bei jungen Hunden immer wieder beobachten kann.
Umweltstrukturen haben einen großen Einfluss, nicht nur auf die seelische, sondern auch auf die körperliche Entwicklung der Welpen. Natürlich nutzen wir besonders Kinderbesuche, um die Welpen so optimal wie möglich auf Kinder zu prägen.
Die Welpenkäufer kommen ihr zukünftiges Familienmitglied so oft wie möglich besuchen, um den Welpen mit ihrem Körpergeruch, ihrer Stimme und ihrer Nähe vertraut zu machen. Deshalb findet auch das Füttern aus der Hand weiterhin statt. Später können kleine Spaziergänge mit ihnen unternommen und durch die dabei gewährte Einzelbetreuung ihres Welpen diesem bereits erste Lernerfahrungen außerhalb der Gruppe ermöglicht werden. Toll ist es, wenn sie dies auch noch mit den Geschwistern ihres ausgesuchten Welpen tun, denn nicht alle künftigen Welpenbesitzer können aufgrund der weiten Anfahrt ständig da sein.