Der "I-Wurf" wurde 1 Woche alt
Indira, Indra und Inuk sind nunmehr 1 Woche alt geworden und wiegen bereits 1060g, 1090g und 1320 Gramm. Sie befinden sich mitten in der sog. Vegetativen Phase (Neugeborenenphase) und wirken sehr zufrieden.
Wir wollen dieses Forum nutzen, um die neuen Besitzer über die Entwicklung ihres Welpen auf dem Laufenden zu halten und Hintergrundinformationen vermitteln, die vielleicht nicht allen Lesern dieser Zeilen bekannt sind. Wir hoffen auch, dadurch den Blick für verantwortungsvolle Züchter zu schärfen.
Die ersten beiden Wochen im Leben eines Welpen lassen sich mit der gesamten Säuglingsphase beim Menschen vergleichen. Er schläft noch 90% von 24 Stunden, nimmt nur Berührungen und Gerüche wahr, saugt, krabbelt und sucht die Wärme von den Geschwistern und der Mutter. Er kann sich jedoch schon gewöhnlich selbständig wieder umdrehen, wenn er auf den Rücken gedreht wird. Auch das Gehirn entwickelt sich blitzschnell und beginnt bereits, die Grundlage dafür zu legen, wie sie ihre Umwelt empfinden und darauf reagieren werden.
Die Körpertemperatur der Welpen war bei der Geburt von 36° auf 30° gefallen und ist in den folgenden 7 Tagen auf jetzt 37°C gestiegen. Das Wärmebedürfnis der Saugwelpen ist also sehr gering, sie kommen schon deshalb mit einer sehr niederen Körpertemperatur zur Welt und liegen in den ersten Wochen immer übereinander getürmt, wenn die Mutter nicht da ist. Die außen liegenden suchen weiter innen Wärme, wenn es ihnen zu kalt wird. Dadurch gelangen die Inneren nach außen, bis es denen dann wieder zu kalt wird. Nur bei zu großer Wärme krabbeln sie auseinander.
Das enge Zusammenliegen dient nicht nur der Wärmeregulierung, sondern befriedigt auch das Kontaktbedürfnis. Finden neugeborene Welpen nicht die Mutter oder Geschwister als Wärmequelle stoßen sie einen sog. Verlassenseinruf aus. Dieses Verhalten ist angeboren. Interessanterweise ist es auch bei der Hündin vorprogrammiert, in dieser Zeit auf diesen Ruf zu reagieren. Würde man ihn auf Tonband aufnehmen und ihn ihr zu einer anderen späteren Zeit vorspielen, würde sie kaum darauf reagieren. In der Zeit nach der Geburt herum aber, da würde sie wohl selbst das Tonbandgerät mit ins Nest tragen, sobald der Schrei ertönt. Die größte Bedrohung für einen Welpen ist deshalb fehlende Mutterliebe. Damit hängt der Verlauf der Entwicklung des jungen Hundes entscheidend davon ab, wie gut die Brutpflege der Hündin ist und wie Natur entsprechend die faktische Elternschaft von uns Menschen ausgeübt wird.
Emotionale Sicherheit ist somit noch wichtiger als Futter und das zuverlässige Brutpflegeverhalten der Hündin löst bei ihren Welpen emotionale Sicherheit aus. Das aktiviert zahlreiche Gene und stellt damit bereits sehr früh die emotionale Regulationsfähigkeit der Welpen ein. Zum Ausdruck kommt das beispielsweise durch ihre später hohe Stressbewältigungsfähigkeit. Bei Rotlichtaufzucht kann es deshalb zu bleibenden Fehleinstellungen kommen. Werden Welpen nämlich der überstrahlenden Wärme einer Rotlichtlampe ausgesetzt, so wird ihr Organismus daran gehindert, die körpereigene Thermoregulation in der nötigen Weise zu entwickeln.
Wir möchten, dass die Welpen von Menschen angefasst werden, damit das für sie zu den Dingen gehört, die sie von Anfang an kennen. Wir nehmen die Welpen mit aus diesen Gründen immer wieder in die Hand und streicheln sie. Das gewöhnt die Welpen daran, dass einige Mitglieder des Rudels Menschen sind. Ohne diesen frühen Kontakt kann es den Welpen später schwer oder schwerer fallen, sich in eine Menschenfamilie einzufügen.
Der Berührungssinn ist übrigens nur einer der Sinne, der schon sehr früh stimuliert werden muss, damit er sich normal entwickelt. Dabei ist er von entscheidender Wichtigkeit. Gehirnstrommessungen von Säuglingen, die unter Berührungsmangel litten, zeigten, dass normalerweise aktive Bereiche des Gehirns alarmierend ruhig waren.
Wir hauchen ihnen immer wieder vorsichtig ins Gesicht. Sie sollen unseren Geruch wie den Geruch ihrer Mutter mit Fürsorge in Verbindung bringen.
Der Schlaf der Kleinen ist oft kaum von der Wachphase zu unterscheiden, zum einen, weil sie die Augen noch nicht geöffnet haben, zum anderen, weil der Schlaf selbst auch noch sehr unruhig ist. Auch Messungen der Gehirnströme zeigen in dieser Zeit kaum einen Unterschied zwischen Wach- und Schlafphase.
Wie alle jungen Säugetiere bewegen sich die Welpen während der meisten Schlafperioden äußerst lebhaft. Sie wölben die Zunge, als wollen sie saugen, kneifen gelegentlich die ohnehin geschlossenen Augen noch mehr zusammen, zucken mit den Ohren, knurren und wimmern. Es sieht ganz so aus, als würde in ihren Köpfen etwas vorgehen. Auch wenn wir nicht in der Lage sind, die Traumwelt des Welpen zu erforschen, so wissen wir doch eines sicher: Der Schlaf ist für das Tier sehr wichtig. Während des Schlafens verbraucht es wenig Energie. Ohne sich zu bewegen oder Energie für die Wahrnehmung der Umwelt aufzuwenden, kann die Nahrung besser zum Wachstum verwertet werden. Alle Babys wachsen im Schlaf.
Eine negative geotaktische Reaktion ist bei unseren Welpen schon in den ersten Tagen nach der Geburt zu beobachten. Werden noch blinde Welpen mit dem Kopf nach unten auf eine schiefe Ebene gelegt, so drehen sie sich mit dem Kopf nach oben. Dieses Orientierungsverhalten kann unter anderem zu einem einfachen Test heran gezogen werden. Läuft die Orientierung in der beschriebenen Weise ab, ist davon auszugehen, dass elementare Funktionen des zentralen Nervensystems in Ordnung sind.
Raycka begutachtet neugierig die neuen Rudelmitglieder und fordert sie bereits zum Spielen auf. Wir sind neugierig, wie sich dies weiter entwickeln wird.
Zwei weitere Reflexe, die man in der Neugeborenenphase auch schön beobachten kann, sind der Beuge- und Streckreflex. Hebt man einen Welpen in den ersten 3 Tagen am Nacken hoch, wird er alle Beinchen anziehen, weil die Muskeln für das Beugen der Gelenke die Überhand haben. Das ändert sich ab dem 4. Tag. Hebt man ihn dann hoch, streckt er sich und seine Beinchen. Jetzt haben die Streckmuskeln die Überhand.
Bis auf die Geschmacks- bzw. Geruchswahrnehmung, den Gleichgewichtssinn und die Temperatur- und Tastwahrnehmung sind bei den Welpen in dieser Zeit keine Sinnesorgane entwickelt. Sie sind taub und blind und daher relativ unempfindlich gegen äußere Einflüsse. Außerdem können sie kaum lernen. Das „kaum“ bezieht sich dabei auf im Alltag beobachtende Verhaltensweisen.
Die Ausscheidungen funktionieren noch nicht, sondern werden reflexartig von der Mutter gesteuert, indem sie den Kleinen über Bauch und Geschlechtsteile leckt. Das macht sie meist vor dem Füttern, was außerdem den Sinn und Zweck hat, die Kleinen aufzuwecken. Das Lecken der Welpen seitens der Mutterhündin ist ja auch weit mehr als die Bauch- und Analmassage und die Stimulation des Urinierens. Zu diesen physiologischen Funktionen kommen emotionale, soziale und kognitive Effekte und Anregungen, die die Entwicklung des Welpen entscheidend beeinflussen und über die Bindung an die Mutter der sozialen Umwelt des Welpen Sicherheit gewähren. Das regelmäßige Belecken des Nachwuchses aktiviert z.B. jene Gene des Gehirns, die einem Anstieg des Stresshormonspiegels entgegenwirken. Unser Streicheln ist ähnlich wie das Lecken der Mutterhündin.
Wenn die ganze Hundefamilie beieinander liegt nimmt die Hündin sich einen Welpen nach dem anderen vor und putzt ihn. Das dient nicht nur der Reinlichkeit, sondern hat, wie bereits erwähnt, auch eine soziale Funktion. Den Welpen ist es angenehm, und es gibt ihnen allen den gleichen Körpergeruch, an dem sie sich untereinander erkennen können. Dieser Geruch ist das erste Familienband.
Während Gandhi mit ihren Welpen hinten im kleinen Wurfraum liegt, duldet sie, dass Fleika und Balou davor liegen und schlafen. Den Wurfraum selbst dürfen sie allerdings nicht betreten und versuchen es auch gar nicht. Es herrscht schon ein besonderes Vertrauensverhältnis in diesem Rudel und darauf sind wir sehr stolz.